Montag, 21. März 2011

Es geschah vor 33 Jahren

Die ersten Minuten sind unspektakulär. Rolf Kramer kommentiert im ZDF: "Das Spiel ist nicht sehr schnell, im Mittelfeld ein regelrechtes Fehlpassfestival. Ein Klassenunterschied ist nicht zu bemerken. Im Gegenteil: Am Ball sind die Österreicher sogar besser." Dann fällt aber doch das schnelle 1:0 für Deutschland. Rummenigge schießt in der 19. Minute nach einem doppelten Doppelpass mit Dieter Müller platziert in die untere rechte Ecke. Doch die Österreicher sind nicht geschockt, sie leisten erbitterten Widerstand. In der Halbzeitpause feuert Schön die Mannschaft weiter an. "Gebt Gas! Jetzt wollen wir's wissen!", sagt er. Ihm ist klar: Das kann sein letztes Spiel sein.
Dann die 59. Minute. Krieger flankt in den Strafraum, zwei Österreicher bedrängen Vogts. Der steht mit dem Gesicht zum eigenen Tor. Statt den Ball zurückzuschlagen, haut er ihn mit dem Knie ins Tor. Spätestens jetzt ist den Deutschen klar: Es wird ganz schwer.
67. Minute. Hickersberger flankt von links in die Mitte. Rüssmann steht zu weit weg von Krankl. Der stoppt den Ball in der Luft mit dem linken Fuß und schießt aus halbrechter Position ins lange Kreuzeck. Torwart Sepp Maier streckt sich vergeblich. Krankl weiß: Der Ball ist ihm abgerutscht. Aber das ist ihm in dem Moment egal.
Krankl ist der Star der Österreicher. Der Mittelstürmer von Rapid Wien hat in der abgelaufenen Saison 41 Tore geschossen. Hinter dem 25-Jährigen sind Spitzenklubs aus ganz Europa her. Bis zur 67. Minute kann er sich kaum in Szene setzten. Bewacher Rüssmann hat ihn zu gut im Griff.
Zwei Minuten später sorgt Hölzenbein für neue Hoffnung. Einen Freistoß von Bonhof köpft er in die rechte Ecke. 2:2. Weil die Niederlande gegen Italien im Parallelspiel 2:1 vorn liegt, bedeutet das Unentschieden für Deutschland das Spiel um den dritten Platz. Immerhin.
Es sind nur noch drei Minuten bis zum Abpfiff. Österreichs Robert Sara erläuft einen Ball an der rechten Seite nahe der Mittellinie. Er schlägt eine weite Flanke auf die linke Seite. Rüssmann sieht den Ball kommen. Er denkt: "Mist! Der wird immer länger und länger. Der fliegt über mich drüber. Den krieg ich nicht mehr!" Krankl ahnt das. Das ist die entscheidende Sekunde. Krankl nimmt den Ball in vollem Lauf mit. Rüssmann sprintet hinterher, nur Manfred Kaltz könnte den Stürmer noch stoppen. Doch Krankl macht einen schnellen Haken und schießt den Ball flach unter dem rausstürzenden Maier zum 3:2 ins Tor. Er reißt beide Hände in die Luft und rennt jubelnd auf die andere Seite des Feldes zur Bank. Der Rest ergießt sich in österreichischem Jubel.
Nach 90 Minuten und zwölf Sekunden pfeift Schiedsrichter Abraham Klein die Partie ab. Deutschland ist als Weltmeister ausgeschieden. Österreich hat erstmals seit 1931 (5:0 in Wien) wieder gegen den Nachbarn gewonnen. ORF-Fernsehkommentator Robert Seeger lässt nach dem Schlusspfiff einen Freudenschrei los. Edi Finger, der legendäre Radioreporter, sitzt zwei Plätze neben ihm Sie fallen sich um den Hals. Rolf Kramer geht in die Nachbarkabine und gratuliert zum Sieg. "Ihr habt verdient gewonnen. Wir waren keine Mannschaft." Seeger köpft eine Flasche Sekt. Dann geht er runter in die Kabine der Österreicher. Die Spieler singen "Immer wieder, immer wieder, immer wieder Österreich". Seeger umarmt Krankl, Herbert Prohaska und Walter Schachner.Die Schmach von Cordoba

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